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Unter Artländer Giebeln

Ein wunderschöner Spätsommersonntag. Das Artland ruft. Wir unterbrechen die Fahrt in Bramsche am Tuchmachermuseum, denn dort ist heute Tuchmachermarkt. Quer durch das Museum verteilen sich kleine Verkaufsstände mit Kunst- und Naturwaren, ich bin begeistert von den selbstgefärbten, gewalkten und gewebten Wolldecken, die das Museum im typischen „Bramscher Rot“ anbietet. Das ist noch Qualität! (Ich glaube jemand hat dafür gesorgt, dass ich eine zum Geburtstag bekomme...)

 

Ich kaufe noch ein paar dicke Einlegesohlen aus echter Wolle, dann fahren wir weiter. Unser erstes Ziel ist heute der Hof Elting-Bußmeyer in Badbergen. Dieser liegt direkt an der „Giebel-Route“, eine Fahrradstrecke, die uns entlang vieler Bauernhäuser mit wunderschönen restaurierten Giebeln führt. 

 

Der Hof Elting-Bußmeyer beheimatet auch ein Restaurant, ein Hof-Café und einen Hofladen. Hier parken wir und stärken uns im Café. Gerade findet eine Hof-Führung statt und der Hofbesitzer bietet uns an, mit in den mit viel Sachverstand und Liebe nach historischen Plänen angelegten Bauerngarten zu kommen. Er liegt im privaten Bereich der Familie und ist sonst nicht zugänglich.

 

Ich verliebe mich sofort in ein Beet mit blühenden, fast mannshohen, hellrosafarbenen Dahlien. Ein Kleinod inmitten von Wiesen. Er erklärt uns, dass die Region größtenteils von der Landwirtschaft lebt, und im Gegensatz zur landläufigen Meinung, dass diese immer weniger wird, wächst sie hier stetig.

 

Wir fahren mit den Rädern weiter auf der Giebelroute durch Felder und Wiesen, an einer ruhigen Eisenbahnstrecke entlang und entdecken den alten Artländer Vierseithof Sickmann in Sichtweite der B68. Eine Besichtigung der Gebäude von außen ist immer möglich. Wir machen Rast im gepflasterten Innenhof und genießen den schönen Schaugiebel, die alte Remise und das historische Pflaster aus Kopfsteinen. 

 

Belustigt lese ich ein Zitat von Justus Möser (1720-1794) auf einer Tafel zum "Leben und Wirtschaften im Deutschen Hallenhaus":

 

"...Der Herd ist fast in der Mitte des Hauses und so angelegt, dass die Frau, welche bey demselben sitzt, zu gleicher Zeit fast alles übersehen kann ... ohne von ihrem Stuhle aufzustehen, übersieht die Wirtin zu gleicher Zeit drei Thüren, ... behält Kinder, Gesinde, ihre Pferde und Kühe im Auge, hütet Keller und Boden und Kammer, spinnet immerfort und kocht dabey ... Ihre Schlafstelle ist hinter diesem Feuer, ... sieht ihr Gesinde zur Arbeit aufstehen und sich niederlegen, das Feuer anbrennen und verlöschen, und alle Thüren auf- und zugehen, höret ihr Vieh fressen, die Weberin schlagen..."

 

Na, die haben doch praktisch geplant damals!

 

Zurück fahren wir Richtung Badbergen inmitten von ausufernden Rotkohlfeldern, und ich bekomme Lust auf Rouladen mit Rotkohl und Knödeln...wird ja bald Winter! 

 

Glücksfaktor: 15km Glück am Stück!

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